1798
- ? Heil Dir, daß Du das
Himmelslicht des Schönen
Zum Ziele Deines Strebens hast erkoren
Jetzt, da im Sturm viel Edles geht verloren
Und Viele an Gemeines sich gewöhnen!
Dir öffnet sich ein Reich von Himmelstönen,
Die in des höchsten Urbilds Schooß geboren.
Ja! ros’ge Kränze flechten Dir die Horen
In’s Leben schwesterlich mit den Kamönen.
Doch willst des Schönen Tempel Du erreichen,
So darfst Du nicht die Bahn des Steilen scheuen,
Und jünglingsmuthig mußt Du aufwärts ringen.
Nie weiche Du den mächt’gen Schicksalsstreichen.
Das Höchste sey’s, was Dich nur kann erfreuen.
Nur so kann Dir die Pilgerfahrt gelingen.
1798
- ? Wenn Könige einher als
Sieger ziehen,
Muß in die Luft ein Marmorbogen steigen,
Geschmückt mit Zeichen, kühnen Schlachten eigen,
Umtost von kriegerischen Melodieen.
Doch willst du, Holde, an das Herz mir fliehen,
Baut sich ein Bogen mir aus grünen Zweigen,
Die sich, den Sieger grüßend, niederbeugen.
Mein Siegeslied sind sanfte Harmoniien.
Die Liebe hat den Siegeskranz errungen.
Mein Sieg läßt keine Leichenfelder schauen.
Drum muß auch zarter mein Triumph sich schmücken.
Kein Schwert hat an der Seite mir geklungen,
Nicht Kriegeswuth zertrat des Landmanns Auen,
Als mir den Sieg die Götter ließen glücken.
1798
- ? Solange mir, ach, einst in
besser’n Tagen
Die Liebe Freudenkränze noch gewunden,
Und ich nach Amor’s Siegen zählt’ die Stunden,
Nach Küssen, die zum Himmel mich getragen;
Da wollte nie ein Minnelied ich wagen.
Denn was ich in der tiefen Brust empfunden,
Dazu sind keine Worte noch erfunden,
Wenn treue Herzen innig für einander schlagen.
Nun aber sind entfloh’n die schönen Zeiten,
Daß süße Glück verwelkt, das sonst mir blühte,
Und heiße Schmerzen folgen heißen Freuden.
Ich blickte mit umdunkelten Gemüthe
In’s Leben, spiele träumend mit den Saiten.
So wird ihr Ton zum Liebesklage-Liede.
1798
- ? Wenn in des Morgens muntrer
Purpurkühle
Laut durch die Fluren meine
Saiten tönen,
Wenn in mein Herz die himmlischen Kamönen
Herniederschweben in des Lebens Schwüle;
Da bist nur du es, die mir Hochgefühle
Hervorgelockt, den Keim des Göttlichschönen.
Dir, welcher huldigend die Horen fröhnen,
Dir dank’ ich es, nah’ ich dem schönsten Ziele.
D’rum will ich dir auch ewig treuvoll dienen,
Will dir des Herzens Blüthen alle weihen
Und nur von meiner glüh’nden Liebe singen,
Ob mir schon nie solch günstig Loos erschienen,
Daß du mich nanntest deinen Lieben, Treuen,
Um dir noch süß’ren Liederdank zu bringen.
1798
- ? Des Frühlings Arm umschlingt
die Erde wieder.
Sein keuscher segenvoller Brautkuß wallt
Durch der Natur verjüngete Gestalt,
Und neues Leben bringet neue Lieder.
Mir aber schwebt kein golden Loos hernieder.
des Frühlings Gluth läßt meinen Busen kalt;
Denn selbst der Hoffnung magische Gewalt
Leiht mir nicht mehr ihr himmlisches Gefieder.
Nur Liebe ist des Lenzes Zauberwort,
Womit er Alles aus dem Tode weckt
Und in der neuen Himmelslust verklärt.
Mich trieb ein Sturm weg von der Liebe Port.
Nacht hat mein schönes goldnes Loos bedeckt.
Ich weiß nicht, wann der Frühling wiederkehrt.
1798
- ? Kann ich dafür, daß deine
Rosenwangen
Vor meinen Blicken nun und immer strahlen,
Dein Bild mir Frühling so wie Winter malen
Und nie erlischt mein sehnliches Verlangen?
Was zürnst du, daß mein Herz den Strahl empfangen,
Dwer Liebe Strahl, den Vater meiner Qualen?
Mit meiner Ruh’ muß ich den Tag bezahlen,
An dem dein Sonnenbild mir aufgegangen.
O zürne nicht, daß also niedre Nahrung
Die heil’ge Flamme, welche mich entzündet,
In meines Herzens reinsten Tiefen findet!
Du Herrscherin, dir sagt ja die Erfahrung,
Daß überall die Flamme brennt, die stolze,
In schlechtem Reisig wie im Cedernholze.
1798
- ? Frei möcht’ ich gern von
Liebeskummer leben
Und keiner Herrin meines Herzens fröhnen!
Frei möcht’ ich scherzen mit der Freude Söhnen,
Und auf der Jugend raschem Fittig schweben!
Doch will ich hin mein Herz dem Strudel geben,
Der Liebe sanfter Macht ich Frevler höhnen;
So zieht mich in die Einsamkeit ein Sehnen.
Es will der Wehmuth Thau vom Aug mir beben.
Ja, wo ich hin die irren Tritte lenke,
Zur Liebe oder zu der Jugend Freiheit,
Zieht mich die Sehnsucht auf die andre Seite.
So gebt mir Beide eure Huldgeschenke:
Du stürmisch Leben labe mich durch Neuheit!
Du stille Lieb’ erquick’ mich nach dem Streite!
1798
- ?
Den Blick voll Schmerz und doch voll Wohlbehagen,
Wie es aus Andacht, Wehmuth und Vertrauen
Erblühet, ist Veronika zu schauen.
Sie hält vor sich das Schweißtuch aufgeschlagen.
Und dieses Tuchs verwobne Fäden tragen
Des Heilands Antlitz. Blut’ge Tröpflein thauen,
Erpreßt von naher Todesstunde Grauen,
Daraus hervor, um stummes Leid zu klagen.
Und Engelknaben, Unschuld ganz und Milde,
Schau’n andachtsvoll empor zum Wunderbilde,
Deß Urbild uns erlöst von Todesschmerzen.
Veronika, in’s Wunder ganz versunken,
Erwärmen hoher Andacht Himmelsfunken.
Denn treu trägt sie des Heilands Bild im Herzen.
II. Das heilige Pfingstfest von Hemeling
Der Heiland sprach: „Ich will den Geist euch senden,
Der Himmelsklarheit eurer Brust enthüllt,
Dem heil’ges Licht vom Quell des Lichtes quillt,
Und der wird euch der Wahrheit Kleinod spenden.“
Versammelt von des Landes fernen Enden
Ist der Apostel Schaar. Der Himmel stillt
das Sehnen nach dem Geist und es erfüllt
Ein Licht den Saal, zu leuchten, nicht zu blenden.
Die Jünger steh’n in staunendem Entzücken,
Als auf ihr Haupt die Flamme fällt herunter.
Begeisterung umwogt das Volksgewimmel.
Maria betet mit gesenkten Blicken
Voll Demuth, doch nicht überrascht vom Wunder.
Denn in der Brust wohnt ihr der ganze Himmel.
III.
St. Christoph von Hemeling
Durch hohe Felsenriffe zwängt die Fluth
Sich durch und braust mit schaumbewegten Wogen,
Und drüber wölbet sich des Himmels Bogen,
Der rein in majestät’scher Stille ruht.
Christopherus, voll Riesenkraft und Muth,
Kommt pilgernd an des Flusses Rand gezogen.
Kein Fährmann ist zur Ueberfahrt gewogen.
Hinüber will der Erde höchstes Gut.
Da hebt Christopherus auf seinen Rücken
Den Weltheiland. Es strahlt aus seinen Blicken
Die Freude, wie die Sonn’ in Frühlingstagen.
Woher in seinem Auge dieß Entzücken
Und dieß Vertrau’n, sich in die Fluth zu wagen?
O er weiß wohl, wer ihm vergönnt zu tragen!